Donnerstag, 21. Januar 2016

Beeinflusst die Nahrung unser Denken und Fühlen...


Wissenschaft & Forschung(3)

...oder ist es umgekehrt so, dass unser Denken und unsere Empathie unsere Ernährungsgewohnheiten beeinflussen? Ich denke, es trifft beides zu.


In jedem Fall bemerkenswert sind die Ergebnisse einer Studie der Psychologin Petra Veser vom Institut für Gesundheitspsychologie an der Universität Wuppertal, die sie 2015 publizierte[1].

Sie findet einen statistisch signifikanten (eindeutigen) Zusammenhang zwischen der Ernährungsweise und gewissen sozialen Einstellungen, ohne eine Interpretation oder Deutung der Ergebnisse vorzunehmen zu wollen.

Untersucht wurde an Hand eines Fragebogens, den die Teilnehmer selbst ausfüllten. Sie wurde in drei Gruppen unterteilt: Nichtvegetarier, Vegetarier und Veganer.
Veganer und Vegetarier zeigten signifikant niedrigere Tendenz zu Vorurteilen z.B. über Minderheiten. Signifikant niedriger war auch die Befürwortung autoritärer Systeme und hierarchischer Strukturen und Beziehungen. Sie zeigten weniger Tendenz an "Althergebrachtem" festzuhalten und befürworteten häufiger Gleichberechtigung und Gleichstellung. Eine stärkere Tendenz zu Vorurteilen, Dominanz und Autorität zeigte sich außerdem bei Männern im Vergleich zu Frauen und bei älteren im Vergleich zu jüngeren Probanden.

Ein Zusammenhang zwischen Ernährung und Emotionen war bereits schon einmal in der griechischen ATTICA-Studie aufgefallen[2]. Die Ernährungsstudie war prospektiv über einen Beobachtungszeitraum von zehn Jahren (2002-2012) mit 2583 Probanden durchgeführt worden und hatte schließlich zur Empfehlung der sogenannten "Mittelmeer-Diät" geführt. . Bei dern Auswertungen fand sich allerdings auch ein Zusammenhang zwischen Fleischkonsum und Angst bei Frauen. Bei Männern gab es diesbezüglich keine Auffälligkeiten. 

Mein persönlicher Verdacht war schon damals, dass was bei Frauen Angst auslöst, könnte bei Männern zu Aggression und Dominanz führen. 
Eine mögliche Erklärung wären Stresshormone, die Tierärzte um Prof. G. Mitchell in Tieren nach Transport und Schlachtung 1988  massiv erhöht fanden[3]. Auch ein Zusammenhang mit einer durch tierliche Nahrung veränderte Darmbakterienflora wird diskutiert. Der Forschungsbedarf aber auch das wissenschaftliche Interesse an der Klärung dieser Fragen ist zur Zeit in der ganzen Welt sehr groß, und wir dürfen in den nächsten Jahren viele interessante Erkenntnisse erwarten.

Eine weitere bemerkenswerte Beobachtung machten auch die Neurowissenschaftler um Prof. Massimo Filippi von Forschungsinstitut San Raffaele in Mailand, welche sie 2010 als Ergebnis einer Studie publizierten[4]. Sie führten Messungen der Hirnaktivität bestimmter Hirnareale mittels Funktions-MRT in verschiedenen Situationen durch. Dabei fanden sie eine signifikant höhere Empathiefähigkeit (Mitgefühl) bei Veganern und Vegetariern im Vergleich zu Allesessern. 

Und wahrscheinlich steckt viel Wahrheit in dem Satz, der von Ärzten und Philosophen von der Antike bis zur Neuzeit sinngemäß schon so oft formuliert wurde: 
"Der Mensch ist, was er isst".


Quellen: 
[1]Petra Veser , Kathy Taylor , Susanne Singer , (2015) "Diet, authoritarianism, social dominance orientation, and predisposition to prejudice : Results of a German survey ", British Food Journal, Vol. 117 Iss: 7, pp.1949 - 1960
[2]Panagiotakos DB et ATTICA Study Group. Exploring the path of Mediterranean diet on 10-year incidence of cardiovascular disease: The ATTICA study (2002-2012).Nutr Metab Cardiovasc Dis. 2015 März; 25(3): 327-35
[3]Mitchell G. et al.: Stress in cattle assessed after handling, after transport and after slaughter. Vet Rec. 1988 Aug 20;123(8):201-5.

[4]Filippi, M. et al.: The Brain Functional Networks Associated to Human and Animal Suffering Differ among Omnivores, Vegetarians and Vegans. In: PLoS One 5, S. 1 – 9, 2010

Foto:pixabay.com



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