Sonntag, 31. Juli 2016

Essen ist politisch !

Mein Hauswurz schaut besorgt

In eigener Sache(6)

Vier Wochen lang habe ich keine Zeitung oder Zeitschrift gelesen. Die Fragmente des Horrors, die mich aus Radio und TV kommend streiften waren mir Warnung genug,  mir nicht das Urlaubsgefühl schreddern zu lassen, indem ich meine Aufmerksamkeit den Details menschlicher Abgründe widme. Regeneration und Erhohlung hatten Priorität, und ich habe konsequent gut für mich gesorgt (schulterklopf!). Gerade habe ich die Sondierung des siebzig Zentimenter hohen Papierstapels nach Fachartikeln und Inspirationen für meinen Blog abgeschlossen und geistig gefiltert, da finde im Bodensatz die banale Erkenntnis: Essen ist politisch. Was war in meiner "Abwesenheit" geschehen?

Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) sagte kürzlich: "Um ihre Umwelt und Gesundheit zu schützen, sollten die Deutschen weniger Fleisch essen." Agrarminister Christian Schmidt (CSU) entgegnet darauf : "Landwirtschaft und Klimaschutz dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden." 

Das Chatham House (Royal British Institute of Foreign Affairs) vermeldet, ohne eine deutliche Veränderung der Essgewohnheiten in Industrie- und Schwellenländern ist das 2-Grad-Erwärmungslimit  für die Erdatmosphäre nicht einzuhalten.

Kinderärzte und Diabetologen warnen angesichts rapide steigender Zahlen von Übergewicht und Diabetes bei Kindern und Jugendlichen vor einem unbeherrschbaren Krankheits-Tsunami. Schon jetzt hat in den Kinder-Jugendarztpraxen jeder vierte Patient eine chronische Diagnose.

Wissenschaftler erkennen: Säurelastige Ernährung fördert die Entstehung von Diabetes[6][7]. *)

Mit einer scharfen Protestnote kritisiert die Deutsche Diabetes Gesellschaft  die Werbekooperationen von DFB und UEFA mit Herstellern von Limonaden, Fastfood und Süßigkeiten. Man habe wegen der Vorbildfunktion der Sportler mehr Verantwortung zu übernehmen.
 
Eine koreanische Studie mit 22000 Erwachsenen (81 % männlich) zeigte kürzlich, dass der regelmäßige Konsum bereits von geringen Mengen zuckerhaltiger Limonaden das Risiko für Herzkranzgefäßverkalkung und damit für Herzinfarkt signifikant erhöht[1].

Eine US-amerikanische Studie findet bei der Hälfte der übergewichtigen Kinder bereits krankhafte Herzmuskelveränderungen im Kardio-MRT (EKG-gesteuerte Kernspintomografie des Herzens)[2]. Das Risiko für spätere Herz-Kreislauferkrankungen ist bei übergewichtigen Kindern sehr stark erhöht[3].

Bei einer außerordentlichen Expertenanhörung am 6. Juli im Deutschen Bundestag zum Thema Kinderernährung wird festgestellt, der Wissensstand über gesunde Ernährung ist bei Eltern gefährlich schlecht. Es wird u.a. der Vorschlag gemacht, Eltern bei den Vorsorgeuntersuchungen eine Ernährungsberatung  zur Pflicht zu machen (durchgeführt z.B. durch die Jugendämter) [4].

Die Zahl an fettleibigen Kindern  nimmt immer mehr zu. Seit 1990 hat sich die Zahl übergewichtiger Kinder mehr als verdoppelt. Schuld sei die Werbung für ungesunde Nahrungsmittel. Staaten müssen mit Programmen und Gesetzen eingreifen fordert die WHO[5].

Am Rande der Flüchtlingsdebatte forden Elternvertreter für die Verpflegung in Schulen und Kitas: "Totes Schwein für die Kinder freier Bürger".

Ich fahr´ dann jetzt ins Freibad. Tausend Meter Kopf abkühlen.


Quellen:
[1]Chun S, Choi Y, Chang Y, et al. Sugar-sweetened carbonated beverage consumption and coronary artery calcification in asymptomatic men and women. Am Heart J 2016; DOI:10.1016/j.ahj.2016.03.018.

[2]Jing L. American Heart Association  Jahreskongress 2015. kardiologie.org 

[3]Twig G., Yaniv G., Levine H., et al. Body-Mass Index in 2.3 Million Adolescents and Cardiovascular Death in Adulthood.N Engl J Med 2016; 374:2430-2440 June 23, 2016

[4]Arztezeitung. 8./9. Juli 2016. S.16

[5]http://www.n-tv.de/wissen/Zahl-fettleibiger-Kleinkinder-steigt-weltweit-article16849761.html. 31. Juli 2016 

[6]Fagherazzi G et al.Dietary acid load and risk of type 2 diabetes: the E3N-EPIC cohort study.
Diabetologia. 2014 Feb;57(2):313-20.

[7]Akter S et al.High Dietary Acid Load Score Is Associated with Increased Risk of Type 2 Diabetes in Japanese Men: The Japan Public Health Center-based Prospective Study. J Nutr. 2016 May;146(5):1076-83. doi: 10.3945/jn.115.225177. Epub 2016 Apr 6. 

*) Anmerkung des Verfassers: Die stärkste Säurebildung im Stoffwechsel geht aus von Zucker, Weißmehl und tierlichem Protein.

Foto: Martin Kamma

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